THE ECONOMIC POWERHOUSE NEXT DOOR
In einer strategischen Initiative arbeiten das Handwerk und die Kommune in Düsseldorf seit zwei Jahren besonders eng zusammen. Die Früchte der erfolgreichen Kooperation reichen von innovativen Handwerkshöfen über Mitmach- Veranstaltungen bis hin zu neuen Studiengängen.
„Das Handwerk. Die Wirtschaftsmacht. Von nebenan.“ – So lautet das Motto einer bundesweiten Kommunikationskampagne, die der Zentralverband des Deutschen Handwerks – übrigens auf Initiative der Handwerkskammer Düsseldorf (HWK) – vor 15 Jahren startete. Und das Motto trifft nicht zuletzt auf das Düsseldorfer Handwerk selbst zu: Rund 7.600 Betriebe, 45.000 Beschäftigte sowie 2.200 Auszubildende prägen das Wohlergehen der Landeshauptstadt auf diese (manchmal etwas unterschätzte) Weise ganz maßgeblich. Wie die Gesamtwirtschaft auch, stagniert die Wirtschaftsmacht allerdings derzeit.
Christian Zaum ,
Head of Economic Affairs Düsseldorf
Dabei hat das Handwerk eigene Themen und Herausforderungen. Deswegen haben Anfang 2023 die Landeshauptstadt, die Handwerkskammer Düsseldorf und die Kreishandwerkerschaft Düsseldorf gemeinsam den Masterplan Handwerk auf den Weg gebracht. „Abgeleitet von der Idee des Masterplans Industrie soll diese strategische Initiative die spezifischen Belange des Handwerks stärker institutionalisieren in der Zusammenarbeit, konkrete Entwicklungen begleiten und gestalten sowie das Profil des Handwerks in der Öffentlichkeit schärfen“, erklärt Düsseldorfs Wirtschaftsdezernent Christian Zaum. Der gemeinsame Handlungsleitfaden sieht ein abgestimmtes Vorgehen in zehn zentralen kommunalen Handlungsfeldern vor: Stadtentwicklung, Mobilität, Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Gewerbeflächen, Wirtschaftsförderung und Digitalisierung, Bildung, Vergabeverfahren und wirtschaftliche Betätigung der städtischen Unternehmen sowie kommunale Finanzen.
In diesem Rahmen sollen auch schon länger bestehende Kooperationen wie der Klimapakt oder die Mobilitätspartnerschaft weiter vorangetrieben werden. „Denn, das ist die zentrale, alle Beteiligten motivierende Einsicht: Lebendige Quartiere mit kurzen Arbeits- und Versorgungswegen, klimagerechtes und ressourcenschonendes Bauen, Dekarbonisierung und viele weitere Herausforderungen sind ohne den Beitrag des Handwerks schlicht nicht zu bewältigen“, sagt Andreas Ehlert, Präsident der HWK. Rund zwei Jahre später kann ein erstes erfolgreiches Fazit bei diesem Masterplan gezogen werden. „Es ist uns gelungen, das Handwerk nochmal stärker in die Abläufe der Verwaltung einzubinden. Auch in Prozesse wie beispielsweise die kommunale Wärmeplanung“, so Christian Zaum.
Ebenso in puncto mehr Nutzfläche und Entwicklungsperspektiven ist man ein ganzes Stück weitergekommen: „Bei der Nachnutzung brachliegender großer Industrieareale für Handwerk und Gewerbe in der Landeshauptstadt und mit Blick auf neue Gewerbehof-Projekte sind handfeste Verbesserungen der Lage in Sicht“, sagt Andreas Ehlert. Ein aktuelles, schönes Beispiel dafür ist das Projekt „Südlich Am Tetelberg“ (siehe Info- Kasten). Schon seit vielen Jahren spielt bei der konkreten Umwandlung von Handwerkerhöfen zudem die IDR (Industrieterrain Düsseldorf Reisholz), eine 100-prozentige städtische Tochtergesellschaft, eine wichtige Rolle – mit Standorten in Reisholz, Holthausen, Benrath und Rath. Als Ansprechpartner bei der Suche nach einem passenden Standort steht dabei der Immobilienservice der Wirtschaftsförderung Düsseldorf zur Seite.
Andreas Ehlert ,
President of the HWK Düsseldorf
Wie überall im Düsseldorfer Wirtschaftsgeschehen wird ordentlich Networking betrieben – als Plattform dienen einige hilfreiche Veranstaltungsformate. Beispielsweise die „manufakTOUR“, eine seit 2022 jährlich stattfindende Tour durch Düsseldorfs kreatives Handwerk (siehe Info-Kasten). Das Ziel: (Kunst-) Handwerk sichtbarer machen, über Techniken und Fertigkeiten aufklären und ein Bewusstsein für wertige Produkte schaffen. In diesem Jahr, vom 9. bis 11. Mai, öffnen über 90 Betriebe an über 50 Standorten über die ganze Stadt verteilt ihre Pforten für die interessierte Öffentlichkeit. Premiere feierte Ende Januar 2025 zudem das Format „Erlebnis Handwerk“. Gemeinsam mit Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller und Wirtschaftsdezernent Christian Zaum waren Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaftsförderung, Internationales und Regionales in Begleitung des Präsidenten der Handwerkskammer sowie Vertreter:innen des Handwerks bei der Sebastian Fuchs Bad und Heizung GmbH & Co. KG zu Gast. An die Besichtigung des zertifizierten klimaneutralen Betriebes in Bilk schloss sich ein Besuch der Akademie der Handwerkskammer an, die 23 Meisterschulen vorhält. „Beim Erlebnis Handwerk geht es darum, in der Politik Sensibilität für die aktuellen Themen und Entwicklungen zu schaffen. In dem Fall wurde zum Beispiel sehr deutlich, wie das Handwerk die Energiewende mitgestalten kann und dass diese ohne das Handwerk nicht gelingen wird“, erklärt Christian Zaum.
Ein weiteres Mega-Thema, das wie beschrieben auch im Masterplan verankert wurde, ist die Bildung und Förderung der Handwerker:innen von morgen. Wie das in der Stadt funktioniert, zeigen weitere vorbildliche Beispiele. Etwa die kostenlose Schülermesse „Lust auf Handwerk“, eine Kooperation von Stadt und Kreishandwerkerschaft. Sie fand zuletzt am 4. April 2025 auf dem Campus der Freiherr-vom-Stein-Realschule und des Technischen Berufskollegs Färberstraße statt. Jugendliche ab Klasse 8 aller weiterführenden Düsseldorfer Schulen sowie Eltern, Lehrkräfte und alle anderen Interessierten konnten sich bei Mitmach-Angeboten von rund 20 Gewerken des Düsseldorfer Handwerks ausprobieren und informieren. Im letzten Jahr hatten gut 3 200 Schülerinnen und Schüler aus 42 Düsseldorfer Schulen die Messe besucht. Ein anderes Beispiel: Zum Wintersemester 2025/2026 bietet die Hochschule Düsseldorf erstmals den Bachelor-Studiengang „Haus-,Energie- und Anlagen-Technik“, kurz HEAT, an. Der berufsbegleitende Teilzeit-Studiengang richtet sich an Gesell:innen im Bereich Sanitär-, Heizung-, Klimatechnik (SHK) und alle, die eine Führungsposition in Handwerk oder Industrie bzw. eine Unternehmensgründung anstreben. Für internationale Aufmerksamkeit sorgen wird zudem die EuroSkills, die EM der Berufe, die 2027 in Düsseldorf stattfinden und bis zu 150.000 Besucher:innen aus ganz Europa anlocken soll.
Sebastian Fuchs (l.), Geschäftsführer der Sebastian Fuchs Bad und Heizung GmbH & Co. KG, mit Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller (m.) und Wirtschaftsdezernent Christian Zaum (2.v.l.) Sebastian Fuchs (left), managing director of Sebastian Fuchs
„Das Handwerk ist eine riesige Chance. Es ist ein unverzichtbarer, wichtiger und manchmal auch etwas verkannter Wirtschaftszweig. Es ist zukunftweisend, kreativ – und es verbindet so viele Dinge. Ich kann jungen Menschen bei der Berufsfindung einfach nur empfehlen, sich all diese Möglichkeiten auch einmal anzuschauen“, sagt der Wirtschaftsdezernent. Und der Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf ergänzt in puncto wirtschaftliche Perspektiven: „So alt der Gedanke einer gedeihlichen Kooperation von Kommune und Handwerk auch ist: Mit Blick auf eine gute Zukunft beider Sphären bleibt die Devise ein Dauerbrenner.“ •
ABOUT MANUFAKTOUR
Bei der seit 2022 jährlich stattfindenden Tour durch Düsseldorf öffnen Werkstätten, Ateliers und Galerien ihre Pforten für die interessierte Öffentlichkeit. Die Besuchenden können so in die Arbeitswelt des jeweiligen kreativen Handwerks eintauchen – und das reicht von Schmuck und Keramik über Lederaccessoires und Holzobjekten bis hin zu Mode.
Die diesjährige ManufakTOUR findet von Freitag, den 9. Mai 2025 bis Sonntag, den 11. Mai 2025 statt. Über 90 Betriebe an über 50 Standorten in ganz Düsseldorf machen dieses Mal mit.
Für kleines Geld können Besuchende auch an Workshops teilnehmen, um sich selbst handwerklich auszuprobieren: zum Beispiel beim Anfertigen eines Silberrings, beim Buchbinden oder beim Haarstyling. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Specials: Vorträge, Werkstattführungen, Vernissagen und Ausstellungen sowie auch Beratungen zu speziellen Themen.
Alle wichtigen Infos und Anmeldemöglichkeiten gibt es unter www.manufaktour-duesseldorf.de
"MEISTERQUARTIER" - STACKED CRAFTSMEN'S YARDS ON TETELBERG
Jeder vierte Handwerksbetrieb sucht aktuell in Düsseldorf einen neuen Standort. Der jeweilige Flächenbedarf reicht von unter 100 bis zu mehr als tausend Quadratmetern, auch die benötigten Raumhöhen und -tiefen sind sehr unterschiedlich. Das von der GRÜNEN OB-Kandidatin Clara Gerlach initiierte und von Stöbe Architekten skizzierte „MeisterQuartier“ soll darauf eine Antwort geben. In einem gemischten Quartier, wo auch ein Gymnasium, Wohngebäude und Büros gebaut werden, sind Handwerkerhöfe mit einer flexiblen Regalstruktur geplant. Das Gebäude wird verschiedenste Anforderungen an Flächen, Raumhöhen und -tiefen erfüllen können. Verkehrstechnisch ist es über Südring und Völklinger Straße angebunden. Die Obergeschosse können über Rampen mindestens mit Wagen der Sprinter-Klasse direkt angefahren werden. Und die Energieversorgung kann vor allem über Solaranlagen entlang der Südfassade gesichert werden.
„Mit dem MeisterQuartier könnten mehr als 15.000 Quadratmeter Geschossfläche geschaffen werden, die in flexiblen Aufteilungen Platz für mehr als 50 Handwerkerbetriebe an einem Standort bieten. Damit würde ein relevanter Teil des Bedarfs der Handwerksunternehmen in Düsseldorf an einem zentralen Ort abgedeckt. Ein großer Mehrwert ist die Bündelung der Handwerkergebäude in einem Haus, welche den zukünftigen Kundinnen und Kunden einen schnellen und direkten Draht zu diversen Gewerken bieten. Der nächste Schritt ist, dass wir GRÜNE die Planung mit einem Beschluss des Stadtrates konkret starten wollen“, sagt OB-Kandidatin Clara Gerlach.
Text: Tom Corrinth
Pictures: Michael Lübke, Manfred Grünwald, Landeshauptstadt Düsseldorf/Claus Langer, Atelier Rutz&Petrovic, Jochen Rolfes, Stöbe Architekten