"We want to be a role model for other cities"

 

Bis 2035 will Düsseldorf klimaneutral sein. Mit einem Anteil von rund einem Drittel am CO2-Ausstoss ist der Verkehr ein wichtiger Faktor bei der Erreichung dieses Ziels. Im Interview erklärt Jochen Kral, Mobilitäts-Dezernent der Stadt, mit welchen Maßnahmen die Mobilitätswende gelingen soll.

 

Herr Kral, was sind Ihre wichtigsten Vorhaben, um speziell den Autoverkehr in der Stadt zu managen? 

Für ein klimaneutrales Düsseldorf ist ein besonders wichtiger Baustein das Thema Elektrifizierung. Die Brennstoffzellen-bezogene Elektrifizierung probieren wir gerne aus, weil wir Wasserstoff fördern wollen, aber der Zukunftspfad ist im Augenblick eindeutig die Batterie-bezogene Elektrifizierung. 

Mobilitäts-Dezernent Jochen Kral nutzt für seine Dienstfahrten im Schwerpunkt ein E-Bike statt eines Dienstwagens.

Als größter Arbeitgeber möchten wir als Stadt dabei selbst eine Vorreiter-Rolle einnehmen, indem wir sukzessive unseren Fuhrpark elektrifizieren. Im PKW-Bereich ist das relativ einfach, herausfordernder wird es zum Beispiel bei den Wartungsfahrzeugen. Diese haben normalerweise eine Gewichtsbeschränkung von 3,5 Tonnen, um mit einem normalen Führerschein gefahren werden zu können. Wenn wir sie mit Elektrobatterie ausstatten, dann können sie weniger laden, um die Gewichtsbeschränkung einzuhalten – und bei einem Gewicht über 3,5 Tonnen wäre ein LKW-Führerschein notwendig. Da gilt es noch Lösungen zu finden. 

Zusammen mit den Stadtwerken haben wir zudem das Ziel, 300 E-Ladestationen jährlich im Stadtgebiet zu realisieren – da sind wir auf einem sehr guten Weg. In naher Zukunft schon, da bin ich überzeugt, werden diese E-Stationen noch wesentlich leistungsstärker sein und sich Ladezeiten enorm reduzieren, auf 20 bis 30 Minuten zum Vollladen.

Wie wollen Sie das Thema Parken anpacken? 

Wir wollen erreichen, dass wir für alle Verkehrsträger Platz schaffen und den ruhenden Verkehr wieder mehr im privaten Raum unterbringen. Da werden wir sehr kreativ zum Beispiel mit Supermärkten, mit unseren eigenen städtischen Liegenschaften und mit Büro-Flächenanbietern arbeiten. Und Antworten suchen auf die Frage: Wann und wo haben wir Parkflächen, die frei oder untergenutzt sind und die für entsprechende Angebote aktiviert werden können? Für das Anwohnerparken ist der Edeka-Paschmann ein hervorragendes Beispiel, das heute schon funktioniert. .”

Für ein klimaneutrales Düsseldorf ist ein besonders wichtiger Baustein das Thema Elektrifizierung
— Jochen Kral,  Mobilitäts-Dezernent

Dem ÖPNV kommt eine weitere wichtige Rolle bei der Mobilitätswende zu, sein Anteil am Transportaufkommen soll von aktuell 21 Prozent auf 24 Prozent im Jahr 2030 steigen. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie das schaffen?

Der „RheinTakt“ ist ein Ansatz, um den Fahrplan der Rheinbahn wieder aufzubauen und zu strukturieren mit zwei Zielsetzungen: Erstens, dass wir das Netz besser nachvollziehbar machen und zweitens, dass wir die Umsteige-Möglichkeiten verbessern und die Leistungsfähigkeit im Transport anpassen. Auch im Busnetz wollen wir Optimierungen vornehmen. Im Infrastrukturbereich treiben wir das große Thema U81 voran. Sie ist die erste Stadtbahnverbindung, die nicht durch die Stadtmitte, sondern tangential laufen wird – im Endausbau von Neuss über Lörick, über die Messe, über den Flughafen bis nach Ratingen. Das hat den Vorteil, Menschen für die Nutzung der U-Bahn zu erreichen, die bislang überhaupt nicht erreicht wurden. Der Verkehr in Düsseldorf kommt meiner Meinung nach immer an eine Grenze, wenn sich große Menschenmassen an einem Ort konzentrieren – zum Beispiel, wenn wir eine große Messe haben oder den Weihnachtsmarkt in der Innenstadt. Das heißt, man kann Verkehr viel besser organisieren, wenn er sich in der Fläche verteilt. Und da passt die U 81 wunderbar rein, denn sie entlastet die Innenstadt.

Neben den Bedürfnissen der Radfahrer:innen müssen auch die Bedürfnisse der Fußgänger:innen mitgedacht werden. Was ist hier geplant?

Derzeit haben wir eine Ausschreibung laufen, um einen Fußgänger-Beauftragten für die Stadt einzustellen, der bestimmte Instrumente in der Stadt dann auch stärker ausrollt. Ein solches Instrument sind die sogenannten Nachbarschaftszonen. Hier wollen wir versuchen, auch in kleinen Anwohnerstraßen, wo Anwohner sich das auch wünschen, durch Einbauten am Straßenrand den Verkehr zu beruhigen und eine höhere Verkehrssicherheit zu gewährleisten

Ich würde auch gerne das Thema Zebrastreifen viel stärker ausbauen. Ich halte Zebrastreifen für eine erstaunlich sichere und auch komfortable Konstruktion: Die Fußgänger bekommen Vorfahrt vor den Autofahrern und müssen trotzdem nicht lange warten. Für noch mehr Barrierefreiheit wollen wir außerdem die Anzahl der Scooter-Anbieter reduzieren von derzeit fünf auf zwei oder drei. Dazu wird es dieses Jahr eine Ausschreibung geben.

Tagtäglich fahren sehr viele Transporter auf Düsseldorfs Straßen. Was ist geplant, um den Güterverkehr in der Stadt noch effizienter zu machen? 

Zurzeit arbeiten wir an einem City-Logistik-Konzept in enger Kooperation mit der IHK, der Handwerkskammer, der Kreishandwerkerschaft und einigen Logistikunternehmen. Ein wichtiges Ziel dabei ist, dass die Logistikunternehmen zuverlässige Anlaufpunkte im Stadtgebiet haben, wo sie ihre Ein- und Ausladevorgänge abschließen können. Im Idealfall ist das auf dem Grundstück des Belieferten. Das ist aber durch die gründerzeitlichen Strukturen in Düsseldorf häufig nicht möglich. Deswegen schauen wir: Wo gibt es Flächen, die man zumindest eine bestimmte Zeit am Tag freihalten kann? 

Es stellt sich auch die Frage, ob wir das elektronisch machen könnten. Also die Ladefläche digital buchen, diese wird dann reserviert und ein Erfassungsgerät prüft zudem, dass die Ladefläche durch keine unbefugte Person zugeparkt wird. Wichtig ist auch die Weiterentwicklung der bestehenden Warenübergabestationen in der Stadt. Diese sind sehr effektiv, weil sie von den Logistikunternehmen direkt angefahren werden können und ein Empfänger nicht vor Ort sein muss. Weitere Lösungen suchen wir auch bei der Elektrifizierung des Güterverkehrs, da ist in meinen Augen noch viel Potenzial vorhanden. 

Mit 20 Millionen Euro Fördervolumen durch das Land NRW ist Multi-Mo-DUS das derzeit größte Düsseldorfer Mobilitäts-Projekt. Was steckt genau dahinter?

Multi-Mo-DUS ist ein Pilotprojekt, das man wahrscheinlich NRW-weit als einzigartig betrachten kann. In den hochverdichteten, nördlich der Innenstadt gelegenen Stadtteilen Pempelfort, Derendorf und Golzheim werden wir, wie vorher in Unterbilk und Friedrichstadt, verschiedene Mobilitätsangebote bündeln. Insgesamt 18 sogenannte Mobilitätsstationen sollen eine attraktive Alternative zum Autoverkehr bieten. Damit wollen wir Synergieeffekte aufzeigen und als Landeshauptstadt auch Vorbild für andere Städte in NRW sein. Zusätzlich wird die Radinfrastruktur in diesen Bereichen weiter ausgebaut, zum Beispiel durch Fahrradstraßen, Sammelgaragen und Bike- und Ride-Anlagen an Haltestellen. Die Rheinbahn wird zudem neuartige Haltestellen mit Begrünung und Solardächern testen und die Bürger:innen können über digitale Tools ihre Bedarfe melden, die bei den Planungen möglichst mitberücksichtigt werden. •


Words Tom Corrinth
Pictures PR