You can hear a drop pin at auctions

Auktionen sind beliebter geworden: Waren sie früher Verkaufsvehikel für den Handel, nehmen heute viel mehr Privatpersonen daran teil, wenn neben Kunst auch Weine, Uhren, Schmuck und sogar Sneakers versteigert werden. Im Gespräch mit VIVID gibt der NRW-Repräsentant des Auktionshauses Grisebach Benny Höhne einen spannenden Einblick in die Welt der Versteigerungen.


Versteigerung von Max Beckmanns „Selbstbildnis gelb-rosa“ (1943) bei Grisebach, Berlin 2022

Was fasziniert Sie an Ihrer Arbeit?
Man trifft die unterschiedlichsten Menschen. Zu uns kommen ja Leute, die Kunstwerke besitzen und veräußern wollen, aber auch Kunstinteressierte, Sammler:innen und Vertreter:innen von Institutionen, die Kunst erwerben möchten. Anders als eine Galerie haben wir es mit Kunstwerken verschiedenster Epochen und Kunstgattungen zutun. Das Spektrum reicht vom 19. Jahrhundert bis zu zeitgenössischer Malerei. Die Aufgabe ist also vielseitig. Zusätzlich zu unserer Vermittlertätigkeit sind wir ja auch damit befasst, Geschichte und Provenienz der Kunstwerke zu erforschen und Texte für die Kataloge zu schreiben. Die Arbeit in einem Auktionshaus ist interessant und lehrreich. Darüber hinaus ist es überaus spannend, teils langjährige Beziehungen zu den Kund:innen aufzubauen. Nur wenn großes Vertrauen vorhanden ist, erhält man die Möglichkeit, so hochkarätige Kunstwerke zu veräußern wie das Selbstporträt von Max Beckmann, das wir im letzten Jahr für 23,2 Millionen Euro versteigern konnten, der höchste jemals erzielte Zuschlag im deutschsprachigen Raum.

Grisebach Live-Auktion

Welche Herausforderungen müssen Sie in Ihrem Job meistern?
Eine Herausforderung besteht darin, Menschen zu überzeugen, ihre bedeutenden Kunstwerke für den Verkauf in unsere Hände zu geben. Es gibt ja große Mitstreiter:innen in London und New York, deren internationale Strahlkraft nicht zu unterschätzen ist. Der erfolgreiche Verkauf des Max-Beckmann-Gemäldes zum Beispiel war ein Signal an den Kunstmarkt, dass auch in Deutschland Preise dieser Größenordnung erzielt werden können.

Wie darf man sich die Arbeit in einem Auktionshaus vorstellen?
Wir sind das Bindeglied zwischen Käufer:innen und Verkäufer:innen und haben die Kontakte, um ein Kunstwerk einem neuen Besitzer oder einer neuen Besitzerin zuzuführen. Das kann über eine Auktion oder innerhalb eines Private Sales vonstatten gehen. Wir wissen aus unserem Netzwerk, welche Sammler:innen welche Kunst suchen, und versuchen gleichzeitig, für die Verkäufer:innen immer den bestmöglichen Preis zu erzielen.

Wie läuft eine analoge Auktion ab?

Unsere Live-Auktionen finden stets im Hauptsitz von Grisebach in Berlin statt. Das ist immer ein besonderes Ereignis: Stellen Sie sich einen voll besetzten Saal vor, viele Besucher:innen, die in Abendgarderobe gekommen sind, aber auch Passant:innen, die die Neugierde hineingelockt hat. Bei den Versteigerungen kann man eine Stecknadel fallen hören, so viel Spannung liegt in der Luft. Umso gelöster ist die Stimmung dann aber auch nach einem Bietergefecht.

Das kann über eine Auktion oder innerhalb eines Private Sales vonstatten gehen.

Und was passiert bei einer digitalen Auktion?
Bei der digitalen Auktion legen wir einen Bieterzeitraum von rund zehn Tagen fest. In der Regel beginnt dieser Freitagnachmittag und endet Sonntagabend. Das Bieterverfahren ist vergleichbar mit dem von Ebay. Man kann Höchstgebote eingeben oder mitbieten, bis die Toleranzgrenze erreicht ist. Einziger Unterschied: Wenn kurz vor Ende der Auktion noch ein Gebot abgegeben wird, verlängert sich der Zeitraum um wenige Minuten, sodass alle die Möglichkeit erhalten, ihr Gebot noch zu erhöhen.

Was muss ich mitbringen, um an einer Auktion teilnehmen zu können?
Als Privatperson nur einen Personalausweis und eine Bankverbindung. Firmenkund:innen werden etwas akribischer geprüft. Von ihnen benötigen wir einen Auszug aus dem Handelsregister.

Gibt es Trends, die Sie als Repräsentant von Grisebach ausmachen können?

Der Kunstmarkt ist transparenter geworden, was wir sehr begrüßen, denn auch das schafft Vertrauen. Der Trend, insbesondere bei der jüngeren Klientel, geht zur Online-Auktion. Es wird mehr zeitgenössische Kunst gekauft, dieses Marktsegment ist sehr vital. Und es wird mehr in die Breite als in die Tiefe gesammelt. Sprich: Gekauft werden nicht mehr nur einzelne Künstler:innen oder Werkgruppen, es ist vielschichtiger geworden. Wichtig dabei: Gesucht werden ikonische Werke. Einen Richter, der deutlich als Richter erkennbar ist. Auch hat sich der Anlagegedanke stärker entwickelt, besonders bei den Jüngeren.

Düsseldorf ist Kunststadt, das Rheinland bekannt für seine hohe Dichte an Sammler:innen. Ist Düsseldorf aus der Sicht eines Auktionshauses ein besonderer Standort?

Für den Kunsthandel sind Düsseldorf und das Rheinland von immenser Bedeutung. Dazu hat maßgeblich die Kunstakademie beigetragen mit Persönlichkeiten wie Joseph Beuys, aber auch Galeristen wie Hans Mayer und Konrad Fischer sind dafür verantwortlich. Der von Rudolf Zwirner mitgegründete „Kölner Kunstmarkt“ war die erste Kunstmesse der Welt. Die Sammlungen der Kunstsammlung NRW und des Kunstpalastes sind solche von Weltrang. Hinzu kommen die Galerien und die Künstler:innen, die hier leben und arbeiten, wie ein Andreas Gursky oder ein Thomas Ruff. Erwähnenswert sind nicht zuletzt die Museen der Umgebung wie das Museum Abteiberg in Mönchengladbach, Schloss Morsbroich in Leverkusen oder das Von der Heydt-Museum in Wuppertal. Auch sie stehen für eine unglaubliche Dichte an Institutionen, die in Deutschland ihresgleichen sucht. •


ABOUT BENNY HÖHNE

• studierte Kunstgeschichte und Soziologie an der Heinrich-Heine- Universität in Düsseldorf sowie Contemporary Art Theory am renommierten Londoner Goldsmiths College

• arbeitete anschließend für die Julia Stoschek Collection und in der Galerie Max Mayer

• führt heute gemeinsam mit seinen Kolleginnen Silke Stahlschmidt und Sophia von Westerholt die NRW-Repräsentanz des Auktionshauses Grisebach (Hauptsitz in Berlin und Büros in Zürich, Düsseldorf und München, rund 50 Mitarbeiter:innen)


Interview: Ilona Marx
Pictures Urban Zintel, Stefanie Loos, privat