Digital Retail

 

Digitalisierung gehört zu den wichtigsten Herausforderungen für Gewerbetreibende. Und ist gleichzeitig der einzige Weg in die Zukunft. Multichannel ist key. Aber welche Technologien nutzen Düsseldorfer Retailunternehmen für die Customer Journey? Vom Life Streaming Assistant bis zum auf einer KI basierenden Self-Check-Out – VIVID stellt spannende Beispiele vor.

 

Große internationale Händler investieren nicht erst seit der Coronakrise massiv in das Thema Omnichannel. Der schwedische Modehändler H&M etwa wächst online und schließt gleichzeitig Ladengeschäfte, auch mehrere Standorte in Düsseldorf. Auch kleinere Retailer und unabhängige stationäre Händler haben die Corona-Krise genutzt, um Omnichannel weiter voranzutreiben. Der Premium-Fashion Händler C. Wirschke in Düsseldorf zum Beispiel hat innerhalb von nur zehn Tagen einen eigenen Online Shop hochgezogen. Kleine Düsseldorfer Modeboutiquen wie etwa Hammermann in Unterbilk oder Aest in Flingern verkaufen Produkte über Social Media, allen voran Instagram und Live Shopping – ein Trend unter Fashion- und Lifestyleunternehmen. Ob im Onlinestore von Esprit oder in der kleinen Fashion Boutique um die Ecke – Bekleidung, Schuhe, Taschen und Accessoires werden live angepriesen in einem Format zwischen Insta-Story und Shoppingkanal! Tools wie der Live Streaming Assistant des Düsseldorfer Start-Ups Hello Lisa machen Live Shopping zum Erlebnis. 

Aber auch neue Kundenbedürfnisse werden durch die Digitalisierung befriedigt, etwa digitale Delivery-Plattformen wie Picnic, die Einkäufe direkt nach Hause liefern. Aber Digitalisierung umfasst mehr als nur Multichannel – es optimiert die Kundenansprache, Customer Journey und vor allem Kundenbindung. Bei P&C Düsseldorf setzt man auf Digitalisierung, insbesondere beim Thema Kundenbindung. Das Smartphone dient bei dem Fashion-Filialisten als Kundenkarte. An der Kasse im Verkaufshaus können Kunden einfach den QR-Code mit ihrem Smartphone einscannen und bekommen Punkte gutgeschrieben, können Gutschriften und Reservierungen verwalten oder an Gewinnspielen teilnehmen. Großer Zukunftstrend ist auch Transparenz durch Digitalisierung. Kunden können Waren und Rohstoffe nachverfolgen, zum Beispiel mit der App und der blockchain-basierten Technologie des Düsseldorfer Start-Ups Retraced. Das hilft Modemarken, ihre Lieferkette zu überwachen und transparent für Endkunden zu gestalten. Der Endkunde kann dann etwa in einem Onlineshop oder via QR-Code die Details der Zulieferer und einzelnen Materialien abfragen.

So kann kassenloses Bezahlen per Handy aussehen.

„Wir werden vom Händler mit Onlineshop zum Digitalunternehmen mit stationärem Geschäft.“ 

Digital First‘ heißt es bei Douglas. E-Commerce wurde dort frühzeitig ins Zentrum gerückt und Douglas zu einem erfolgreichen Omnichannel-Händler mit stark wachsendem Online-Geschäft gemacht – jetzt wird Douglas zur ersten voll integrierten europäischen Beauty-Plattform. Ziel: alle Prozesse im Unternehmen mit digitalen Lösungen besser zu machen. „Wir werden vom Händler mit Onlineshop zum Digitalunternehmen mit stationärem Geschäft“, so CEO Tina Müller. 

Die Metro treibt die Digitalisierung ihrer Zielgruppen durch einen Dreiklang weiter voran: neben zahlreichen digitalen Lösungen für Gastronomie, Online-Marktplatz für Non-Food-Produkte und Tools, die das Einkaufserlebnis verbessern. Im Bereich Self-Check-Out arbeitet sie mit Start-ups zusammen – zum Beispiel Nomitri und Supersmart, um mit künstlicher Intelligenz den Zahlvorgang zu beschleunigen. Timo Salzsieder, CIO METRO AG sagt: „Wir entwickeln intern, aber auch gemeinsam mit Partnern wie Google oder Nomitri, moderne Applikationen, die KI und Machine Learning in nahezu allen Bereichen inzwischen integrieren. Der Nutzen von KI für die internen User, aber auch unsere Kunden ist klar erkennbar. Das Thema Innovation treiben wir mit Partnern weiter voran. 

So haben wir im März 2021 beispielweise mit Google Cloud und Wipro einen Cloud Competence Hub gegründet.“ Nomitri ist ein Beispiel: Das junge Berliner Start-up, das 2019 gegründet wurde, hat einen Intelligenten Shopping Assistenten entwickelt, der Händlern ermöglicht, kassenloses Bezahlen per Smartphone anzubieten. Ebenso kann durch die Interaktion mit der intelligenten Smartphone-Kamera Kaufverhalten erkannt und vorhergesagt werden. Dabei setzt Nomitri auf „Embedded Visual KI“ und nutzt unter anderem intelligente Bilderkennung, die direkt auf dem Smartphone ausgeführt wird. Metro hat einen ersten offline Test unterstützt. Zukünftig könnte die Technologie einfach in bereits vorhandene Apps wie die M|Companion integriert werden – zum Beispiel als eine mobile Anwendung, um den Einkaufsprozess der Kunden einfacher zu gestalten. Durch die Bildererkennung und die genutzten Algorithmen registriert das Handy nicht nur, welche Produkte in den Warenkorb gelegt oder auch wieder herausgenommen werden für das spätere Bezahlen, sondern auch individuelle Kundenverhalten, die sich dann in konkrete persönliche Kundenempfehlungen umwandeln lassen.

Im Prinzip ist jeder Händler aufgerufen, sich im Jahr 2022 mit Digitalisierung intensiv auseinanderzusetzen. Ohne Erreichbarkeit per E-Mail, Homepage oder Präsenz auf sozialen Kanälen wie Facebook oder Instagram gibt es keine Zukunft. Das Erlebnis vor Ort in Düsseldorf beim Shoppen ist da eine, aber gleichzeitig muss auch der Onlinehandel zusätzlich bedient werden. So kann man sich überregional und sogar international aufstellen und zusätzliche Umsätze generieren. Nicht nur der Einkaufsprozess selbst ist digitalisiert, auch hinter den Kulissen und bei der Planung sind digitale Tools unverzichtbar. Smarte Datennutzung wird längst für CRM, Warenwirtschafts- und Schichtplanungssysteme eingesetzt. Eine wertvolle Unterstützung in Sachen Digitalisierung finden Inhaber in den Angeboten der IHK und den Verbänden. 

„Die Zukunft ist keinesfalls nur digital. Dass „Online only“ nicht funktioniert, zeigt die Tendenz, dass viele Online Pure Player stationäre Geschäfte eröffnen.“

Augmented Reality und Smart Devices am Point of Sale – so sieht das Zusammenspiel in der Praxis aus.

Die Zukunft ist keinesfalls nur digital. Dass „Online only“ nicht funktioniert, zeigt die Tendenz, dass viele Online Pure Player stationäre Geschäfte eröffnen. Der Umgang mit Menschen wird wertvoller und wichtiger – auch da hat Corona einen Beitrag geleistet. Emotionalisierung ist der wichtigste Driver. Es gilt, Stores als Erlebnis- und Begegnungsort zu begreifen und Spannung zu schaffen durch Verquickung von digital und analog zum Beispiel mit Augmented Reality und Smart Devices am Point of Sale. Denn am Ende und Anfang von Shoppingerlebnis steht doch immer die menschliche Begegnung. •


Free Digital Consultation and Coaching

Sie machen sich stark vor allem für kleine und mittelgroße Einzelhändler, die ihre individuell passende Digitalisierungsstrategie planen und umsetzen wollen: Die Digitalcoaches beim Handelsverband NRW sind seit Ende 2019 im Einsatz. „Wir vermitteln nicht nur kostenlos Know-how, sondern klären auch über aktuelle Fördermöglichkeiten auf Landes- und Bundesebene auf. Seit November 2021 gibt es etwa einen neuen Zuschuss bis zu 2.000 Euro für Betriebe bis 49 Mitarbeitende z. B. für Hard- und Software, Kassen- und Warenwirtschaftssysteme oder Weiterbildung in Social Media“, sagt Markus Schaaf, Digitalcoach für die Region Rheinland.

www.digitalcoachnrw.de


Words Karolina Landowski
Pictures iStock