Retail - More Than Shopping

Düsseldorf ist eine der beliebtesten Shopping-Destinationen Deutschlands. Das liegt auch am Erlebnis-Faktor durch ein vielfältiges ergänzendes Angebot aus Gastronomie, Freizeit, Kultur, Bildung und Service.

Die Kundenfrequenz in den Innenstädten geht zwar zurück, dennoch hat der stationäre Einzelhandel großes Potenzial“: So lautet das Fazit der Mitte 2021 veröffentlichten Studie „Zukunft des Handels – Zukunft der Städte“ des Kölner Instituts für Handelsforschung IFH, bei der unter anderem 26.000 Bürgermeinungen aus ganz NRW eingeflossen sind. Was heißt dieses Fazit konkret? Erstens hat im Jahr 2020 der Onlinehandel in NRW um mehr als 20 Prozent zugelegt und macht mittlerweile 13 Prozent am Gesamthandel aus, Tendenz stark steigend. Gleichzeitig sanken die Besucherfrequenzen in den NRW-Städten um rund 30 Prozent. Der Druck auf den stationären Einzelhandel steigt also, aber – und das ist der zweite Teil dieses Fazits – er hat großes Potenzial, denn es wird immer noch gern live geshoppt: Die Bevölkerung in NRW setzt sich in weiten Teilen aus „selektiven Onlineshopper:innen“ (64 Prozent), die je nach Produkt und Situation zwischen Online- und Offlinekanälen wechseln, sowie nicht (gerne) im Internet einkaufenden „traditionellen Handelskäufer:innen“ (18 Prozent) zusammen. Außerdem wünschen sich viele Konsumentinnen und Konsumenten noch weitere Angebote wie Gastronomie, Freizeit-, Kultur-, Bildungs- und Gesundheitsreinrichtungen, ebenso Zonen zum Verweilen. Multifunktionalität heißt das Zauberwort.

„Einkaufen muss heutzutage immer mehr Erlebnis sein.“

Wie multifunktionell ist speziell Düsseldorf? Dr. Michael Rauterkus, Beigeordneter für Wirtschaft, Digitalisierung, Personal und Organisation der Landeshauptstadt, sagt: „Düsseldorfs Einzelhandel zeichnet eine attraktive Kombination aus Zentralität, Vielseitigkeit und hoher Nutzungsdurchmischung aus. Einkaufen muss heutzutage immer mehr Erlebnis sein – und Düsseldorf an sich ist ein Erlebnis, weil wir die zusätzlichen Angebote etwa aus Gastronomie, Kultur, Kunst und verschiedensten Dienstleistungen haben. Wir bieten das Komplettpaket und deswegen sehe ich uns gut aufgestellt für die Zukunft.“ Um dieses Einkaufserlebnis kontinuierlich weiterzuentwickeln, arbeitet die Stadt eng mit vielen Akteuren und Akteurinnen in verschiedenen Programmen und Prozessen zusammen: Intern sind dabei etwa die Wirtschaftsförderung, die Stadtentwicklung, Freiraum- und Mobilitätsplanung involviert, extern zum Beispiel die IHK, der Handelsverband, die Interessen- und Werbegemeinschaften der Stadteile. Ein wichtiger Verein, der sich speziell für eine starke Düsseldorfer Innenstadt einsetzt, ist zudem das Forum Stadt-Marketing. Eines der dort entstandenen Projekte ist zum Beispiel die Idee eines „RheinBoulevards“ in Verbindung mit dem neugestalteten Heinrich-Heine-Platz: Als Zentrum soll der Boulevard die drei innerstädtischen Quartiere Schadowstraße, Königsallee und Altstadt noch besser miteinander verknüpfen und so Passantenfrequenzen erhöhen – so der Plan, zu dem auch eine Studie in Auftrag gegeben wurde. 


Die Shopping-Destination Düsseldorf hat aber auch noch eine ganze Reihe attraktiver Zentren neben der Innenstadt zu bieten. „Wir müssen auch die einzelnen Quartiere gut im Blick halten. Denn genau dieses funktionierende und sich ergänzende Zusammenspiel aus Innenstadt und den Stadteilzentren macht Düsseldorf so besonders“, sagt dazu Marion Hörsken, Geschäftsführerin der IHK Düsseldorf. Und dieses Zusammenspiel ist überaus vielfältig und lebendig: Von Benrath im Süden mit seinen 120 Einzelhandelsgeschäften, das auch liebevoll „unser Dorf“ genannt wird, über das kreative Szene-Viertel Flingern mit individuellen Läden, schönen Kneipen und Galerien bis hin zum eleganten Oberkassel mit seiner Einkaufsmeile Luegallee vor Bürgerhauskulisse.

„Ich glaube, dass die Identifikation mit ihrem jeweiligen Stadtteil für unsere Bürgerinnen und Bürger ganz wichtig ist – nicht nur als Ort der Versorgung, sondern auch als Ort der Begegnung und des Wohlfühlens“, sagt Ruth Orzessek-Kruppa, die Amtsleiterin der Düsseldorfer Stadtentwicklung. In Bezug auf den Handelsstandort Düsseldorf hat sie vor allem zwei Zielsetzungen: 1. Die Stadt als Oberzentrum und als Einkaufsdestination nach außen hin attraktiv halten. 2. Die fußläufige Nahversorgung in den einzelnen Zentren aufrechterhalten. „In einer Zeit, wo wir umweltfreundliche Mobilität und kurze Wege mehr denn je benötigen, ist eine gute Nahversorgung noch wichtiger geworden“, ergänzt sie. Der Einzelhandel kann in diesem Fall wie ein sensibles Ökosystem betrachtet werden, das gehegt und gepflegt werden muss: Es braucht auf der einen Seite starke Magneten in der Nahversorgung, die Besucherfrequenz bringen – wovon wiederum auch andere Geschäfte profitieren. Gleichzeitig sollte eine möglichst hohe Durchmischung vorhanden sein: Eben nicht nur die großen Filialisten, sondern auch die vielen kleineren inhabergeführten Geschäfte, die zu einem individuellen „Düsseldorf-Feeling“ beitragen. „Dass es uns bereits gelungen ist, die Stadt Düsseldorf erfolgreich als Oberzentrum zu positionieren und den Handel weiter zu beleben, zeigen exemplarisch unsere Investitionen in die Projekte Kö-Bogen 1 und Kö-Bogen 2. Dafür haben wir national und international viel Anerkennung bekommen. Auch zur Belebung der Düsseldorfer Quartiere wird viel unternommen, jüngst erst haben wir umfangreiche Förderprogramme gestartet“ .

„Wichtig ist, dass sich der städtische Einzelhandel den Megatrends Digitalisierung, Innovation und Nachhaltigkeit stellt.“

Zunehmend entscheidet sich der Erfolg eines Einzelhändlers auch durch seinen Umgang mit der Digitalisierung: Die heutigen Multichannel-Möglichkeiten, bei denen digitale Tools mit dem stationären Handelsgeschäft verbunden werden, sind überaus vielfältig (siehe Artikel S. 44). Der Handelsmonitor 2020 der IHK Düsseldorf zeigt passend dazu, wie intensiv sich lokale Unternehmen derzeit damit beschäftigen (müssen!). So ist beispielsweise für 63 Prozent der befragten Unternehmen die interne Nutzung von digitalen Daten, etwa für die Schichtplaneinteilung nach Kundenstruktur, von großer Bedeutung. 66 Prozent nutzen ein digitales Warenwirtschaftssystem, 50 Prozent managen ein CRM-System mit dem Ziel, ihre Kunden passgenau anzusprechen. Durch Corona dürfte sich dieser Trend zum Digitalen nochmal verstärkt haben. „Viele Händler sind sehr kreativ geworden und haben auch neue Kunden und Fans gewonnen, indem sie zum Beispiel stärker zielgerichtet Social Media einsetzen“, sagt Marion Hörsken. „Eine passgenaue Digitalstrategie kann den stationären Handel extrem stärken. Da gibt es noch viel Potenzial.“ Auch die Themen Nachhaltigkeit (siehe S. 22) und Logistik stehen laut Handelsmonitor hoch im Kurs: 

So verzichteten etwa 66 Prozent der Händler im IHK-Gebiet noch vor Änderung des Verpackungsgesetzes auf Tüten oder gaben sie nur gegen Bezahlung raus. Aber auch hier ist noch viel Potenzial: 47 Prozent haben trotz Interesse an dem Thema noch keine konkreten Nachhaltigkeitsmaßnahmen geplant.

Mit Blick in die Zukunft sagt Dr. Michael Rauterkus abschließend: „Wichtig ist, dass sich der städtische Einzelhandel den Megatrends Digitalisierung, Innovation und Nachhaltigkeit stellt. Als Stadt brauchen wir einen Erlebnisraum, wir brauchen Nutzungsdurchmischung und wir brauchen Unverwechselbarkeit, um die Menschen, die bei uns flanieren und einkaufen, auch in Zukunft zu begeistern. Als Wirtschaftsförderung wollen wir dafür den nötigen Rahmen, zum Beispiel durch noch mehr Live-Events in der City, schaffen und Ansprechpartner auf Augenhöhe insbesondere für die Einzelhändler sein, die Unterstützung auf dem Weg in diese spannende Zukunft benötigen.“ •


Words Tom Corrinth 
Pictures Düsseldorf Tourismus
Illustrations iStock