CULTURE OF DIALOUGE
Die Landeshauptstadt Düsseldorf pflegt Städtepartnerschaften zu acht anderen Kommunen weltweit. Lebendig werden sie durch eine Vielzahl von Projekten, die für einen kulturellen und persönlichen Austausch der Bürger:innen sorgen.
"In China ist vieles anders, aber die Menschen sind sehr offen, auch wenn das System, in dem sie leben, nicht für Offenheit steht." Einheit, 50 x 70 cm, Fine Art Print, 2014, Chongqing, China.
Im September 2024 empfing OB Stephan Keller Schüler:innen aus Chongqing im Jan-Wellem-Saal, die an einem Austauschprogramm teilnahmen.
Düsseldorf pflegt vielfältige internationale Beziehungen. Hierzu gehören Städtepartnerschaften, die vom Büro für Internationale und Europäische Angelegenheiten koordiniert werden. Die Stadt betreut und fördert auf finanzieller wie organisatorischer Basis entsprechende Projekte in den Bereichen Schule, Jugend, Kultur oder Sport. „Wir vernetzen die Verwaltungen, stellen internationale Kontakte her, organisieren Begegnungen, empfangen Delegationen und unterstützen bei der Überwindung sprachlicher oder kultureller Barrieren“, erklärt Jessica Breitkopf, Leiterin der Abteilung für Internationale und Europäische Angelegenheiten. Die Stadt Düsseldorf unterhält Städtepartnerschaften mit Reading (UK), Haifa (Israel), Chiba (Japan), Warschau (Polen), Chemnitz, Chongqing (China), Czernowitz (Ukraine) und Palermo (Italien). Zu Beginn einer offiziellen Partnerschaft gehe man mit sehr viel Bedacht und auf Grundlage u.a. kultureller und wirtschaftlicher Überlegungen vor. „Wenn sich daraus ein nachhaltiges Interesse an einer engeren Zusammenarbeit ergibt, wird auf politischer Ebene über eine formale Partnerschaft beraten und auch entschieden“, so Breitkopf weiter. Zwei der acht Partnerstädte Düsseldorfs liegen in Fernost: Chiba ist mit rund 6,3 Millionen Einwohner:innen eine der bevölkerungsreichsten Präfekturen Japans. Eine weitere Städtepartnerschaft der Landeshauptstadt besteht zur chinesischen Millionenstadt Chongqing, die mit 32 Millionen Einwohnern zu den wichtigsten Handelszentren des Landes und den größten Stadtregionen der Welt gehört; zudem hat sie eine 3.000 Jahre alte Geschichte und eine vielfältige Kultur. „Der bürgerschaftliche Austausch ist ein zentraler Bestandteil vieler Städtepartnerschaften Düsseldorfs. Er findet in vielfältiger Form statt: durch Schul- und Jugendaustausche, Vereinskooperationen, Sportwettkämpfe, Kunst- und Kulturprojekte sowie durch gemeinsame Veranstaltungen“, erzählt Jessica Breitkopf.
Eine wichtige Säule des kulturellen Dialogs ist das Künstleraustauschprogramm, das das Kulturamt der Stadt Düsseldorf mit vier Partnerstädten durchführt. Ein Austausch mit der chinesischen Stadt Chongqing geschieht in Kooperation mit dem dortigen Organhaus Art Space und besteht seit 2008. Seitdem nutzten 48 Künstlerinnen und Künstler aus Düsseldorf und Chongqing die Gelegenheit, für zwei Monate in der jeweiligen Partnerstadt zu leben und zu arbeiten; am Ende des Aufenthalts steht eine öffentliche Abschlussausstellung.
Als die Künstlerin Bao Lei aus Chongqing in Düsseldorf ankam, verarbeitete sie ihre Eindrücke in ihrer Kunst und malte die für sie fremden Objekte und Schilder.
Eine der ersten Künstlerinnen, die aus Chongqing nach Düsseldorf kamen, ist Bao Lei; auch ihr deutscher Ehemann Jan Kucharzik, der seit 2000 in China lebt, hat am Austausch teilgenommen. Corina Gertz und ihr Ehemann Kris Scholz, beide Fotografen, haben ebenfalls eine tiefe Verbindung zu der chinesischen Millionenstadt, aber auch zu vielen der Künstler:innen, die am Austauschprogramm teilgenommen haben – sie haben im Auftrag des Kulturamts auch einen Dokumentarfilm zum Thema gedreht. „Wir haben seinerzeit Beziehungen zu vielen Menschen aufgebaut. Und ich denke, das passiert den meisten Künstler:innen, die am Austausch teilnehmen: Es entwickeln sich lebenslange Freundschaften“, schwärmt Corina Gertz.
In Düsseldorf leben und arbeiten die Gastkünstler:innen in der Künstlersiedlung Golzheim. Alle Düsseldorfer Künstler:innen können sich auf eine Ausschreibung bewerben, die Kandidat:innen werden von den Leitern des Organhauses Yang Shu und Ni Kun bzw. in Düsseldorf von einem Beirat ausgesucht, in dem im letzten Jahr auch Corina Gertz saß. „Das wichtigste Kriterium ist natürlich Qualität, wir achten aber auch auf Diversität und darauf, ob die Künstler:innen kontaktfreudig sind und sich in Chongqing zurechtfinden werden“, erzählt Corina Gertz. „In China gibt es keine Stadtpläne oder Verkehrszeichen in Englisch, das macht es unglaublich schwer“, ergänzt Jan Kucharzki. Aber auch Bao Lei war bei ihrer Ankunft in Düsseldorf zunächst überfordert. Sie entschloss sich, ihre Eindrücke in Kunst zu verarbeiten. „Ich habe kleine Bilder gemalt, auf denen ich die Dinge festhielt, die mir fremd waren: Schilder, Objekte und Maschinen, von denen ich nicht wusste, was sie bedeuten“, erzählt sie. Fotograf Bernard Langerock war im Rahmen des Künstler:innenaustauschs in Chongqing, woraus sich für ihn eine große Faszination für Land und Leute ergab. Die Erfahrung, dort zwei Monate in einer Künstlerwohnung zu leben, sei völlig anders, als wenn man als Tourist durch das Land reise. „In China ist vieles anders, aber die Menschen sind sehr offen, auch wenn das System, in dem sie leben, nicht für Offenheit steht“, beobachtet er.
„Der bürgerschaftliche Austausch ist ein zentraler Bestandteil vieler Städtepartnerschaften Düsseldorfs“
Am diesjährigen DFC nahm u.a. eine Tennismannschaft aus Chongqing teil, darunter zwei U14-Meister:innen der chinesischen Metropolregion.
Offen für Begegnungen mit Gleichaltrigen aus anderen Städten sind auch Schüler:innen in Düsseldorf, die an Programmen für den Austausch mit Bildungseinrichtungen in Partnerstädten, u.a. in Chongqing und Chiba, teilnehmen. Darunter sind das Cecilien- und das Humboldt Gymnasium, aber auch das Heinrich-Hertz-Berufskolleg. Letzteres empfängt jährlich Schüler:innen der Technischen Fachhochschule Kizarazu aus Chiba – oder entsendet die eigenen dorthin. Ebenfalls einmal im Jahr findet der Tennis Friendship Cup (DFC) in Düsseldorf statt. Er ist Teil eines intensiven Austauschs, den die Stadt Düsseldorf im Juniorsport mit ihren Partnerstädten in verschiedenen Sportarten ausführt. Teilnehmen dürfen Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren, organisiert wird die Turnierwoche von Gerd Schidlewski und Michael Giele. Die beiden Rentner kümmern sich ehrenamtlich um einen reibungslosen Ablauf der Wettkämpfe, die auf den Plätzen von TC Rot-Weiß Düsseldorf e.V. ausgetragen werden. „Wir haben uns in diesem Jahr sehr gefreut, Spieler:innen aus Chemnitz, Warschau und aus Chongqing begrüßen zu dürfen“, so Gerd Schidlewski. Neben den sportlichen sind für die jungen Spieler:innen auch kulturelle Aktivitäten Teil des Programms, die das Kennenlernen fördern sollen. „Die Jugendlichen verbringen eine Woche miteinander und es entstehen immer wieder Freundschaften“, freut sich Gerd Schidlewski.
Dass die Mannschaften aus der Ukraine und aus Israel in diesem Jahr beim DFC fehlten, liegt vermutlich an den außen- und sicherheitspolitischen Entwicklungen, von denen Städtepartnerschaften leider immer wieder betroffen sind. „Unmittelbar nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine legte Düsseldorf die Städtepartnerschaft mit Moskau auf Eis. Gleichzeitig erklärte die Stadt Düsseldorf sich solidarisch mit der Ukraine und schloss in kürzester Zeit eine formale Städtepartnerschaft mit Czernowitz“, erklärt Jessica Breitkopf. Aber nicht nur die Stadt, vor allem die Bürger:innen halten die Beziehungen der Menschen aus den verschiedenen Partnerstädten lebendig – jenseits aller politischen Probleme.
Words: Katja Vaders
Pictures: Bernard Langerock, Ingo Lammert, Bao Lei, Michael Gielen