STICKING TOGETHER
Nach über einem Jahr im Ausnahmezustand: Wie hat sich die Arbeit des Gesundheitsamts verändert? Welche Erkenntnisse sind hinzugekommen – und welche Herausforderungen? Amtsleiter Dr. Klaus Göbels spricht darüber im Interview.
Über ein Jahr ist es her, dass uns das Virus das erste Mal in Beschlag genommen hat. Wie geht es Ihnen und Ihrem Team heute?
Dr. Klaus Göbels, Leiter des Gesundheitsamtes Düsseldorf
Seit Beginn der Coronapandemie sind viele Mitarbeitende aus verschiedenen Fachbereichen im Dauereinsatz, um die Übertragung des Virus einzudämmen – es ist wie ein kräftezehrender Marathonlauf. Für ihr Durchhaltevermögen und ihren unermüdlichen Einsatz – trotz dieser sowohl beruflich als auch persönlich stark belastenden Situation – habe ich die größte Bewunderung. Die gesamte Stadtverwaltung arbeitet eng zusammen, um die Prozesse auch weiterhin stetig anzupassen und zu optimieren.
Inwiefern gibt oder gab es in den letzten Monaten Kapazitätsengpässe in den Krankenhäusern?
Momentan (Anfang Juni 2021) sind in allen Düsseldorfer Krankenhäusern Patientinnen und Patienten mit Corona-Virusinfektion in Behandlung. Das betrifft sowohl die Normal- als auch die Intensivstation. Die Kapazitäten an Beatmungsbetten werden in enger Absprache mit den Kliniken angepasst. Auch bei steigenden Zahlen von Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen gab es bisher noch keine Kapazitätsengpässe in Düsseldorf, allerdings wurde das Elektivprogramm (d. h. die bewusste Auswahl einer ärztlichen Behandlung) drastisch reduziert. Die Situation muss von Woche zu Woche beobachtet und neu bewertet werden. Ein ganz wichtiger Baustein stellt in diesem Zusammenhang die Impfstrategie dar. Möglichst schnell sollten möglichst viele Menschen geimpft werden, damit sie vor schweren Krankheitsverläufen geschützt sind.
Dr. Klaus Göbels, Leiter des Gesundheitsamtes Düsseldorf
Wie erleben Sie die Düsseldorfer Bürger? Und wie gehen Sie und Ihr Team damit um?
Die mehr als ein Jahr andauernde Pandemie hat auch Auswirkungen auf die seelische Gesundheit. Ängste, Sorgen, Isolation und Ungewissheit sind auf lange Sicht sehr belastend. Angebote wie etwa die des Sozialpsychiatrischen Dienstes gewinnen dadurch zunehmend an Bedeutung. Auch kann ich sehr gut nachvollziehen, dass sich die Düsseldorferinnen und Düsseldorfer nach mehr als einem Jahr Coronapandemie und den damit verbundenen Einschränkungen nach Normalität sehnen. Trotz derzeitiger Lockerungen appellieren wir weiterhin ausdrücklich an die Bevölkerung, sich an die Schutzmaßnahmen, insbesondere die AHA+A-L-Regel, zu halten. Denn der aktuelle Rückgang der Zahlen hängt in erster Linie vom Verhalten der Gesellschaft und dem Einhalten der Schutzmaßnahmen ab. Sie sind neben der Impfstrategie ein ganz wichtiger Baustein im Kampf gegen die Pandemie. Daher danke ich allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich konsequent an die Schutzmaßnahmen halten und somit aktiv zur Bekämpfung des Coronavirus beitragen.
Was hat sich in den letzten Monaten im Bereich Digitalisierung getan? Welche Lösungen setzen Sie inzwischen ein, um die Infektionszahlen zu senken? An welchen wird noch gearbeitet?
Der Gesamtprozess der Kontaktpersonennachverfolgung – vom Eingang der Labormeldung über die Ermittlung bis hin zur Erstellung der Ordnungsverfügungen – wird direkt und komplett digital durch die Meldesoftware SurvNet durchgeführt. Hierbei handelt es sich um ein Produkt des Robert Koch-Institutes (RKI), das bei den meisten Gesundheitsämtern seit mehreren Jahren im Einsatz ist und mit dem Infektionsketten nachvollzogen und frühzeitig unterbrochen werden können. Zudem wurde die Corona-Warn-App weiterentwickelt und kann nun durch neue, hilfreiche Funktionen die Kontaktpersonennachverfolgung erheblich verbessern und entlasten. Denn mithilfe dieser App können – im Gegensatz zu anderen Anbietern – tatsächlich Abstände gemessen werden, sodass eine klare Aussage über die Nähe und Dauer des Kontaktes getroffen werden kann. Mit der App können sich Personen bei Veranstaltungen und Events einloggen; die App funktioniert aber beispielsweise auch im Park, im ÖPNV und in Privathaushalten. Somit kann besser nachvollzogen werden, wann sich Personen zum gleichen Zeitpunkt an einem Ort aufgehalten haben und es liegen genauere Daten für die Kontaktpersonennachverfolgung und zum Durchbrechen von Infektionsketten vor.
Wie steht es um die übergeordnete Steuerung von Prozessen in dieser noch immer ernsten epidemiologischen Lage? Welche Lehren und Schlüsse ziehen Sie aus den letzten Monaten?
Die epidemiologische Lage stellt Menschen weltweit weiterhin vor große Herausforderungen – insbesondere, da sich die Pandemie dynamisch entwickelt. Stets müssen lageabhängig Anpassungen vorgenommen werden. Vor diesem Hintergrund wurde deutlich, wie wichtig eine gute und enge Zusammenarbeit sowie schnelles Agieren insbesondere während einer Krise sind. Um dies zu gewährleisten, tagt in Düsseldorf regelmäßig der Krisenstab. Dort werden die wichtigsten Informationen zur aktuellen Situation zusammengetragen und das weitere Vorgehen wird strategisch gesteuert. Als ein wirksames Mittel im Kampf gegen das Coronavirus erweist sich die Kontaktpersonennachverfolgung. Mit ihrer Hilfe können Infektionsketten von Anfang an frühzeitig unterbrochen werden. Zudem hoffen wir, dass wir uns Dank der Corona-Schutzimpfung zusehends der Normalität annähern können, sobald eine Vielzahl von Menschen geimpft worden ist.
„DIE EPIDEMIOLOGISCHE LAGE STELLT MENSCHEN WELTWEIT WEITERHIN VOR GROßE HERAUSFORDERUNGEN.“
Welche Rolle schreiben Sie der Düsseldorfer Wirtschaft für das Bewältigen der Corona-Krise zu?
Die Wirtschaft hat es während der Corona-Krise ganz besonders hart getroffen. Umso bewundernswerter ist es, dass viele gerade aus dieser Notsituation heraus kreative Idee entwickeln und realisieren. So entstehen neue, hilfreiche Anwendungen wie beispielsweise die Corona-Warn-App oder die Luca-App. Zudem setzen sich viele – auch als Ehrenamtliche – im Kampf gegen die Coronapandemie ein und leisten somit einen ganz wichtigen Beitrag.
Was wünschen Sie sich von politischer Seite, damit Sie Ihren Job weiterhin gut machen können?
Es ist beeindruckend, wie schnell und flexibel schon zu Beginn der Coronapandemie Hilfe aus den anderen Ämtern kam. Dieses letzte Jahr hat – insbesondere angesichts der Krise – noch einmal den Zusammenhalt in der Stadtverwaltung verdeutlicht. Die gute, ämterübergreifende Zusammenarbeit und ein regelmäßiger Austausch untereinander sollten auch zukünftig erhalten bleiben.Nun gilt es, die Erfahrungen des letzten Jahres kritisch zu evaluieren und auszuwerten, was im Rahmen der Bekämpfung der Coronapandemie gut lief und was optimiert werden kann. •
HEALTH DEPARTMENT DUSSELDORF
Amtsleitung: Dr. Klaus Göbels
220 Mitarbeiter
5 Abteilungen:
Verwaltung, Fachübergreifende Gesundheitsförderung
Gesundheitsschutz mit Schwerpunkt Gesundheitsaufssicht
Prävention und Gesundheitsförderung
Medizinische Dienste mit Schwerpunkt Gutachtenerstellung
Sozialpsychiatrie
vielfältige Aufgaben, zum Beispiel
Impfberatungen für den internationalen Reiseverkehr
Gutachtenerstellung und Beratung verschiedener Zielgruppen
Aufgaben im Bereich des Infektionsschutzes
Sozialpsychiatrischer Dienst
Kinder- und Jugendärztlicher Dienst und Sozialpädiatrie
Words: Dr. Elena Winter