THE FUTURE OF FASHION

Sozialaktivistin. Unternehmerin. Forscherin. Die Düsseldorfer Gründerin Dr. Monika Hauck möchte mit Open Innovation die Modeindustrie in eine nachhaltige Zukunft führen. VIVID sprach mit ihr über die Verantwortung einer ganzen Branche.

MONIKA HAUCK
ENTREPRENEUR AND INNOVATION
RESEARCHER AT THE WHU OTTO BEISHEIM
SCHOOL OF MANAGEMENT
AMBASSADOR OF FASHION REVOLUTION
FOUNDER OF CHANGE-ROOM

WWW.CHANGE-ROOM.ORG

Dr. Monika Hauck ist Gründerin, Kosmopolitin und Verfechterin von nachhaltigem und integrativem Unternehmertum in der Modebranche. Am Entrepreneurship Center an der WHU Otto Beisheim School of Management unterstützt sie Innovationsinitiativen von Unternehmen. Geboren und aufgewachsen in Litauen, lernte Hauck die Mode-Industrie zunächst aus einer passiven Perspektive kennen: Im Alter von fünfzehn Jahren bereiste sie als Model die Welt und zog der Liebe wegen nach Düsseldorf. Hier gründete sie Ende 2019 Change-Room.org, eine Wissens- und Community-Plattform für eine transparentere, nachhaltigere und integrativere Modebranche.

Wie bist Du vom Model zur Verfechterin von nachhaltiger Mode geworden? 

Ich habe nach meiner Modelkarriere Business studiert, in der Finanzbranche gearbeitet und dann während meiner Promotion über Open Innovation-Prozesse in der Mode recherchiert. Da ist mir bewusst geworden, dass die Modeindustrie weder sehr offen und kooperativ noch innovativ ist. Innovation geschieht nur am Ende der Lieferkette, etwa im E-Commerce, bei Personalization, Data Analytics oder 3D. Es gibt aber kaum Innovation am Anfang der Lieferkette. Die Prozesse und Strukturen, wie Mode hergestellt wird, sind dieselben wie vor 100 Jahren – sehr auf Handarbeit angewiesen. Es gibt damals wie heute Kinderarbeit, sie hat sich nur von den USA und Europa in die Entwicklungsländer verlagert. Diese Missstände haben mich motiviert, tiefer in das Thema einzutauchen. 


„FÜR DIE VERÄNDERUNGEN DER LETZTEN DREI MONATE HÄTTE ES OHNE CORONA DREI JAHRE GEBRAUCHT.“

Du engagierst dich auch als Aktivistin für eine radikale Veränderung der Modeindustrie. Gab es hierfür einen Aha-Effekt?

Gerade meine Generation war am Wachstum von Fast Fashion maßgeblich beteiligt. Eine Zeit lang war man stolz darauf, sich mit billigen Klamotten ausdrücken zu können. Das ändert sich gerade. Denn wenn man einmal versteht, welche wahren Kosten hinter vermeintlich billigen Klamotten stecken, überdenkt man sein Konsumverhalten. Durch meine Innovationsforschung bin ich auf die soziale Bewegung Fashion Revolution gestoßen. Als ich erfahren habe, dass sie am Modestandort Düsseldorf noch nicht aktiv ist, habe ich sie in die Stadt gebracht. Mit Fashion Revolution organisieren wir Events mit Tiefen-Content, in dem wir das Thema Sustainable Fashion allen Interessierten zugänglich machen – vom Business-Insider zum Verbraucher, vom jungen Designer bis zum Banker.

Welche Mission steckt hinter deiner eigenen Wissens- und Community-Plattform Change Room?

Die Düsseldorfer Sustainable Fashion Community ist noch sehr klein. Mit Change Room wollen wir Bewusstheit schaffen, die Community vernetzen und die Stakeholder, also die Corporates, etablierte Unternehmen, Gründer, Konsumenten, aber auch die Regierung an einen Tisch bringen und überzeugen, dass Mode auch hier in Düsseldorf neu gedacht werden muss. Wir unterstützen Gründer und arbeiten an eigenen Pilotprojekten, um radikal neue Ideen in der Modeindustrie zu testen. 

Hat die Corona-Krise das nachhaltige Denken in der Mode beschleunigt?

Auf jeden Fall. Wir sind bisher auf kleinen Wellen geritten und plötzlich kam eine ganz große. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit ist da. Für die Veränderungen der letzten drei Monate hätte es ohne Corona drei Jahre gebraucht. Die Corona Krise hat vieles nach oben gespült, etwa das Thema Verantwortung. Ein Teil der Circular Economy ist die Extended Producer Responsibility: Unternehmen sind nicht nur verantwortlich bis zu dem Punkt, an dem sie dir Kleidung verkaufen, sondern auch darüber hinaus. Wir verabschieden uns langsam vom linearen System der Mode, so schnell und so billig zu produzieren und so viel wie möglich verkaufen. In Zukunft geht es darum, wie man Dinge herstellen kann, dass sie reparierbar sind und die Menschen sie jahrelang tragen und umweltfreundlich entsorgen können. 

Was kann jeder einzelne tun, um den negativen Impact von Fashion zu reduzieren?

In den letzten 15 Jahren hat sich die Mode-Produktion mehr als verdoppelt. Tonnen von ungetragener Kleidung hängen entweder in unseren Schränken oder den Lagern der Hersteller. Wir müssen wieder die Kontrolle über unseren Kleiderschrank übernehmen, anstatt der Modeindustrie die Kontrolle über uns zu gewähren. Ich bin nicht per se gegen die Modeindustrie, ganz im Gegenteil, ich bin mit ihr aufgewachsen. Aber die Macht dieser Branche, ihren großen Einfluss, die Inspiration und Kreativität sollte man bewusst nutzen und die Menschen, die Kleidung herstellen, endlich respektieren. Das heißt: Weniger kaufen und bereit sein, lieber etwas mehr zu zahlen und dafür das Produkt am Ende mehr zu schätzen. •


FACTS AND FIGURES FASHION REVOLUTION

Um an den Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesh mit 1.127 Toten zu erinnern und sich für faire Produktionsbedingungen in der Modeindustrie einzusetzen, wurde 2013 die weltweite Bewegung „Fashion Revolution“ gegründet. In der Woche um den 24. April erinnert sie mit der „Fashion Revolution Week“ jährlich mit Podiumsdiskussionen, Filmvorführungen und Kleidertauschpartys an die Katastrophe von Dhaka. 


Words: Karolina Landowski
Pictures: PR, Falco Peters

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„KREATIVITÄT IST DER WICHTIGSTE WERT, UM AUS DER KRISE ZU KOMMEN.”