„Aufgeben habe ich nicht im Repertoire“

Bei den multifunktionalen Jacken seines Premium Labels g-lab verbindet Björn Gericke High Performance mit Fashion. Und setzt als kreativ getriebener Modeunternehmer auf Ehrgeiz, Durchhaltevermögen und ehrliche Produkte mit zeitlosem Wert.

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Name: Björn Gericke
Job: Gründer & Inhaber von G-LAB

Firma: G-LAB GmbH 


Björn Gerickes Office-Tag beginnt mit exakt 15 Stufen. Eine massive Treppe aus Holz und Stahl führt von seiner Wohnung im ersten Stock direkt in den Showroom von g-lab. Hier auf der Gladbacher Straße, in einer ehemaligen Werkstatt des Düsseldorfer Möbelkünstlers Achim Jasper, befindet sich das Headquarter von Gerickes Jackenlabel g-lab. Mitten in dem cleanen Loft-Ambiente mit Estrichtboden, nackten Kupferrohren und an minimalistischen Stahlträgern platzierten Outdoor-jacken steht ein Motorrad. Björn Gericke ist der Sohn von Hein Gericke. Von seinem berühmten Vater hat er nicht nur die unbändige Leidenschaft für Motoren geerbt, sondern auch unternehmerisches Denken. Geboren in Düsseldorf, aufgewachsen in der Schweiz, dann Stationen in Hongkong, London, New York und Hamburg: Björn Gericke ist ein Kosmopolit. Er arbeitete als Aktienanalyst, Finanzvorstandsassistent und Investment Manager, bevor er schließlich 2001 nach Düsseldorf zurückkehrte. Gemeinsam mit seinem Vater sollte er damals Hein Gericke neu positionieren. Als das nicht gelang, gründete er 2003 die Designagentur g-lab und entwarf zunächst Functional Apparel für Marken wie Harley Davidson und Gore-Tex. Dann wollte Björn Gericke ein eigenes Produkt. Eins, das zeitgemäße Ästhetik mit High-End-Performance verbindet. „Ich konnte einfach keine Jacke finden, die mich gut aussehen und gleichzeitig in Bezug auf ihre Funktionalität wohlfühlen ließ“, sagt der 49-Jährige. Also lancierte er unter dem Namen g-lab ein eigenständiges Fashion Label, das seitdem für kompromisslose Qualität und aufgeräumtes Design steht – mit hochfunktionalen Outdoorjacken für wechselhafte Jahreszeiten. Wasserdicht. Winddicht. Atmungsaktiv. „Supreme Weatherwear“, nennt es Gericke.

Ich arbeite sehr gerne und sehr viel. Das ist auch Teil unseres 
Erfolges.

Am langen Holztisch gibt es erst einmal einen Espresso. Dann werden morgens um 6 Uhr E-Mails gecheckt, von Lieferanten aus Asien und Händlern aus Kanada. Längst performt g-lab international. Hinter dem Erfolg des Labels steckt ein kleines, familiäres Team: Designerin Svenja kennt Gericke seit 18 Jahren, Marketingleitung Barbara seit dem Studium. Freunde gehören zu den Investoren des Labels. „Ich arbeite sehr gerne und sehr viel. Das ist auch Teil unseres Erfolges“, sagt Björn Gericke. Gegründet hat er ohne finanzielle Spritze des Vaters, ohne Venture Capital oder Strategen im Hintergrund. „Wir hatten Höhen und Tiefen“, gibt der Unternehmer zu. 2010 startete g-lab mit sechs Jacken, in jeweils einer Farbe und einem Material. Nicht der Heimatmarkt wuchs am schnellsten, sondern ausgerechnet Kanada. Um dann aus dem Nichts wieder zusammenzubrechen. Die Damenkollektion war anfangs zu maskulin, Branding und Logo zu technisch und hart. „Dann haben wir uns neu erfunden, ohne die eigentlichen Werte infrage zu stellen“, erklärt Gericke. Heute macht g-lab bei den Damen sogar eine Nuance mehr Umsatz als bei den Herren. „Wir haben ein extrem komplexes Produkt, das in der Material- und Produktentwicklung viel aufwendiger ist als eine Jeans oder ein T-Shirt. Wir mussten organisch wachsen“, sagt er. Der Großteil des Umsatzes wird mit der Winterkollektion gemacht. Den hohen Anspruch an Produkt, an Qualität und Funktionalität sicherzustellen, birgt aber tagtäglich Hürden: „Eine internationale Marke aufzubauen, ist on-going! Man darf sich nicht zu schade sein, Dinge zu machen, die nicht ins klassische Arbeitsgebiet gehören“, stellt Gericke heraus. Neue Denkansätze zu schaffen und sich ständig zu hinterfragen, gehöre zu seinem Antrieb. Ihn inspirieren Visionäre, die den Status quo immer wieder infrage stellen. Er definiert sich selbst als Unternehmer mit alten Werten und Visionen für die Zukunft. „In den letzten zehn Jahren hat sich vieles auf links gedreht. Früher wurden Geschäfte mit Handschlag besiegelt. Die Verlässlichkeit des Gegenübers hat sich stark verändert“, beobachtet Gericke. Das Schlimmste für ihn? Wenn Ware aufgrund von Fehlern retourniert würde: „Ich will ein ehrliches Produkt schaffen“, so Gericke: „Wenn ein Kunde Full Price zahlt, soll er auch Full Quality bekommen.“

Ich musste mich freischwimmen.
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Björn Gericke bezeichnet sich selbst als zuverlässig und ehrlich. Ehrgeizig und extrem detailverliebt. Und immer getrieben. Um den Kopf frei zu bekommen, treibt es ihn raus in die Natur. Auf ein Boot (oder aufs Wasser?) oder auf ein Motorrad: „Speed und Nervenkitzel haben mich seit Kindheit begleitet und faszinieren mich noch heute“, gibt er zu. Durchhaltevermögen hat Gericke früh gelernt. Die erste „richtig harte Station“ war Hongkong: Mit 22 weit weg von zu Hause, von Familie und Freunden. Sich alleine durchkämpfen in fremder Kultur, mit dem Ehrgeiz, alles perfekt zu machen. Er habe extrem viel gearbeitet, hart gekämpft, wollte oft nach Hause – habe aber schließlich durchgehalten. Seine dortige Erfahrung in der Produktion für Lederjacken hat den Unternehmer viel über die Produktentwicklung erfolgreicher Marken gelehrt. Dann der Cut: Raus aus dem Bekleidungsbusiness und rein ins BWL- und Finanzstudium. Später als Investmentbanker nach London. „Da habe ich schnell gemerkt: Das ist nicht 100 % meine Welt“, so Gericke. Also die Rückkehr nach Deutschland. Mit seinem Label g-lab und dem Firmenstandort Düsseldorf ist Björn Gericke angekommen. Es ist Heimat und für ihn als Modeunternehmer zugleich die wichtigste deutsche Stadt, um Business zu machen: „Der Düsseldorfer Einzelhandel ist Weltklasse, und es gibt genug kreative Unternehmen, die hier ansässig sind und die sich gegenseitig befruchten“, sagt er. Synergien zu bilden, Dinge zu hinterfragen, um neue Lösungen finden – das habe ihn sein Vater gelehrt. Denn der pflegte immer zu sagen: „Geht nicht, gibt’s nicht.“ Sohn eines extrem erfolgreichen Unternehmers zu sein, war für Björn Gericke Fluch und Segen zugleich: „Das hat mir viele Türen geöffnet, aber auf der anderen Seite war es die Benchmark. Ich musste mich freischwimmen – und das hat gedauert.“ Auch da hat sich Gerickes langer Atem ausgezahlt. Oder wie er selbst sagt: „Aufgeben habe ich einfach nicht im Repertoire!“ •


Björn Gericke

Was sind Deine Stärken?
Kreativität – in Prozessen und Produkten. Ein gutes Auge und ein Sinn für Ästhetik. Denn wenn wir was machen, soll es nicht nur funktional, sondern auch schön sein. Fleiß als deutsch-schweizerische Tugend. Meine Neugier. Und der Wille, nie aufzugeben!

Deine Schwächen?
Ungeduld ist meine größte Schwäche.

(Björn Gericke bittet sein Team, seine Schwächen auf einen kleinen weißen Zettel zu schreiben. Die Antworten kommen umgehend – mit dem vorsichtigen Vermerk „manchmal“). Pingelig. Übereifrig. Impulsiv. Dominant. Launisch.

Was fördert Kreativität?
Ein freier Kopf.

Wann hast Du zum letzten Mal 
etwas Neues gewagt?
Beruflich jeden Tag. Mit Entscheidungen, die Risiken beinhalten. Wenn man keine Entscheidungen trifft, dann wird es erst gefährlich. Privat sind es Wagnisse, die mich am Laufen halten. Offshore-Regatten, Backcountry-Skitouren und Mountainbike-Rennen in den Alpen.

Autor: Karolina Landowski 
Fotos: G-LAB


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VIVID 04 | 2019

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