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Coworking Spaces sind angetreten, um Arbeit als Teil von „New Work“ zu revolutionieren. Ein Blick auf eine Branche, die sich professionalisiert hat. Und die viel aussagt über die Art und Weise, wie wir heute arbeiten möchten.

Silke Roggermann ist Gründungsmitglied der German Coworking Federation.

Die Entstehung von Coworking Spaces zu Beginn der 2010er Jahre war geprägt von Pioniergeist. Nicht weniger als Arbeit neu zu denken, stand im Zentrum. Coworking Spaces wurden damals vor allem im Zusammenhang mit Start-ups und Kreativszene als „dritte Orte“ geschaffen. Orte, an denen man jenseits von Zuhause oder der Arbeitsstelle arbeiten konnte. Coworking bedeutete in dieser Anfangszeit nicht nur Schreibtische nebeneinanderzustellen, sondern Ressourcen, Ideen und Erfahrungen zu teilen. Wissen, Kontakte und Infrastruktur – vom WLAN bis zur Kaffeemaschine – wurden gemeinschaftlich genutzt. Sharing und Community waren die Triebfedern der Szene.

Wissen teilen, Kontakte teilen – das hat mich schon immer mehr angetrieben, als reine Fläche zu teilen“ ,sagt Silke Roggermann. Sie ist als Gründerin der Coworking Spaces Gewächshaus Düsseldorf und Super7000 eines der Urgesteine der Coworking-Szene Düsseldorfs. Beide Spaces wurden in den 2010er Jahren gegründet und gehören heute der Vergangenheit an. Als Gründungsmitglied der German Coworking Federation e.V. sorgt sie sich aber immer noch um die Branche und das, was ihr besonders am Herzen liegt: Austausch und Vernetzung. „Menschen möchten irgendwo dazugehören. Das ist bei Freelancern und Soloselbstständigen nicht anders. Deshalb war das Ziel, Menschen aus angrenzenden oder unterschiedlichsten Branchen zusammenzubringen, um gemeinsame Projekte anzustoßen.“ Soloselbstständige und Freelancer sind schon lange nicht mehr die einzige Zielgruppe, an die sich Coworking Spaces richten. Vielmehr hat sich ein breites Angebot entwickelt, das für jede Nachfrage das passende Angebot bietet.


Dr. Joachim Gripp, CEO Design Offices

Auf über 70.000 Quadratmetern Fläche bieten über 40 Coworking Spaces und Business Center in Düsseldorf ein Angebot für unterschiedliche Bedürfnisse und Zielgruppen. An shared oder flexible Desks sitzt man in Gemeinschaft, Arbeitsplätze können fest gemietet oder alternativ stunden-, tage- oder wochenweise abgerechnet werden. Auch ganze Bereiche für einzelne Unternehmen werden angeboten. Eines der Coworking Spaces mit einem solchen Angebot ist Design Offices mit drei Standorten in Düsseldorf. „Rund 60 Prozent unserer Flächen entfällt auf Team Spaces für Unternehmen – das ist und bleibt seit unserer Gündung 2008 unser Kerngeschäft. Flexible Arbeitsplätze, wie sie oft als „Coworking“ bezeichnet werden, sind bei uns bewusst in die Loungebereiche integriert und machen nur einen sehr kleinen Anteil unseres Geschäfts aus,“ sagt Dr. Joachim Gripp, CEO Design Offices. Die Zielgruppe der Offices setzt sich aus Teams mittelständischer Unternehmen, internationalen Projektgruppen oder hybriden Strukturen größerer Firmen zusammen. Gerade in Städten wie Düsseldorf mit ihrer hohen internationalen Strahlkraft spiegelt sich das deutlich wider. „40 Prozent unserer Fläche sind für gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie Lobbys, Lounges, Pantries oder Meetingräume vorgesehen – Räume also, die bewusst den Austausch fördern: klassische Meetings oder größere Veranstaltungen wie zum Beispiel Konferenzen, Events und Offsites“ , so Dr. Gripp.

„Die Vermietung größerer Flächen für Events hat für das Super7000 auch schon knapp die Hälfte des Umsatzes generiert“, meint auch Silke Roggermann. Ein Angebot, bei dem der inhabergeführte Coworking Space während Corona allerdings starke Einbußen zu spüren bekommen hat. Insgesamt war die Pandemie ein bemerkenswerter Einschnitt für die Branche. Denn dabei ging es nicht nur um temporäre Ausfälle von Umsätzen, sondern um die Umwälzung von Geschäftsmodellen und der Arbeitswelt insgesamt. Viele Unternehmen haben damals erkannt, dass klassische Büromodelle nicht mehr zeitgemäß sind. Flexibilität, hybride Arbeitsmodelle und bedarfsorientierte Flächennutzung sind seitdem keine Option mehr, sondern Erwartung. Gleichzeitig hat Corona gezeigt, dass Community und Begegnung nicht digital zu ersetzen sind. Videokonferenzen mögen Effizienz ermöglichen, aber sie schaffen keine emotionale Bindung. Coworking konnte genau hier ansetzen – als Ort, an dem physische Nähe, spontaner Austausch und gelebte Gemeinschaft wieder möglich wurden. Während gleichzeitig maximale Flexibilität gegeben ist. 

Ob Terrasse oder Lounge – Aufenthaltsqualität ist zentral für den Erfolg moderner Arbeitswelten, wie hier bei Design Offices.

Die Branche hat sich professionalisiert und Nischen geschaffen. Während den Raum-Betreibern im Hintergrund digitale Tools als White-Label-Lösungen von Raumbuchung über Event-Ticketing bis hin zur Abrechnung all-in-one-Service bieten, kann der Kunde zwischen verschiedenen Dienstleistungen unterscheiden: Ob Sekretariatsservice, inkludierte Getränke, Duschen für Mitarbeitende, luxuriöse Design-Ausstattung oder Kinderbetreuung. Gleichzeitig zeigen sich neue Strömungen: Neben Coworking Spaces in urbanen Zentren gewinnen solche in ländlichen Gegenden an Bedeutung. Dort verbinden sie Arbeitsplätze mit regionaler Verankerung und werden zu Treffpunkten, die Produktivität ermöglichen und Dorf- oder Stadtteilleben bereichern. Auch Nachhaltigkeit spielt eine wachsende Rolle. Flächen werden nicht nur geteilt, sondern effizienter genutzt. Gemeinschaftliche Infrastrukturen sparen Ressourcen, moderne Gebäude erfüllen hohe ökologische Standards. Für Unternehmen, die ESG-Kriterien erfüllen wollen, werden Coworking-Konzepte so zum strategischen Baustein.


Deshalb war das Ziel, Menschen aus angrenzenden oder unterschiedlichsten Branchen zusammenzubringen, um gemeinsame Projekte anzustossen

SELECTION OF COWORKING SPACES IN DÜSSELDORF

Family Hub kiwifalter, Kalkumer Schloßallee 100, 40489 Düsseldorf, www.kiwifalter.de

Mindspace Grünstraße stilwerk, 3. OG Grünstraße 15, 40212 Düsseldorf, www.mindspace.me/de

STARTPLATZ Düsseldorf GmbH, Speditionstraße 15a , 40221 Düsseldorf, www.startplatz.de

TechHub.K67 gGmbH, Kasernenstraße 67, 40213 Düsseldorf, www.techhubk67.de


Einer der ersten Coworking Spaces in Düsseldorf: das Super7000 – natürlich mit Schaukel.

Was die unterschiedlichen Spaces eint: Communitybuilding wird großgeschrieben. Denn Austausch und Netzwerk gibt es nicht im Homeoffice. Beides macht auch heute noch das Alleinstellungsmerkmal für Coworking Spaces aus. Ob Coworking ein Konzept für die Zukunft ist? Dr. Joachim Gripp sieht es so: „Coworking greift zu kurz, es sind flexible Arbeitsplatzkonzepte, die die Zukunft bestimmen. Weil sie den veränderten Bedürfnissen der Arbeitswelt gerecht werden. Heute geht es nicht mehr nur darum, wo gearbeitet wird – sondern wie und unter welchen Bedingungen.“ Damit spiegelt sich im Coworking ein größerer Wandel: Arbeit wird nicht mehr als Ort verstanden, sondern als Beziehung zwischen Menschen, Technik und Kultur. Und vielleicht zeigt sich darin, dass New Work kein fernes Ideal mehr ist, sondern längst Teil unseres Alltags geworden ist.


COWORK 2026 IN DÜSSELDORF

Die jährliche Veranstaltung der German Coworking Federation e.V./Bundesverband Coworking Deutschland wird am 24.04.2026 im Coworking Space Kiwifalter in Düsseldorf stattfinden. Barcamp, Austausch und Netzwerk rund um Coworking, Coworkation und Coworking als Lern- und Demokratieorte stehen im Fokus.


Words: Lisa Maria Kunst
Pictures: Design Offices,Michael Marczok, Super7000

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